Dienstag, 1. September 2009

Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" berichtet über "Salsa":-)...

Mit der Salsa ist es wie mit der Wurst: Man weiß nicht so genau, was drin ist, greift aber trotzdem immer wieder gerne zu. Die sonnig-beschwingte Musik-Sauce ("Salsa") war von Beginn an ein großer Genre-Suppentopf, in den findige Promoter, Medien und Tanzlehrerverbände gern mal alles reinwarfen, was rhythmisch nach Karibik klang, zum Hinternwackeln anregte und ihnen auch sonst recht spanisch vorkam: Rumba, Mambo, Cha-Cha-Cha, Son, Latin-Jazz, Bomba – Hauptsache, eine Armada von Percussionsinstrumenten trommelte einen vertrackten Rhythmus und irgendein Muchacho sang eine fröhliche Melodie dazu.
In der Tat war es ein Plattenpromoter, der "Salsa" als Genrebegriff einführte: Anfang der siebziger Jahre entwickelte sich das New Yorker Fania-Label zum Sammelbecken der wichtigsten Musiker mit Latino-Hintergrund – viele von ihnen waren nach Fidel Castros Revolution mitsamt ihrer Musikwurzeln (Son, Danzón) von Kuba in die Vereinigten Staaten emigriert. Das von dem Bandleader Johnny Pacheco mitgegründete Label Fania wurde zu einer Art Motown für die US-Hispanics. Fast alle in dieser Zeit relevanten Latin-Künstler veröffentlichten auf Fania: Ray Barretto, Willie Colón, Rubén Blades, Héctor Lavoe, Cheo Feliciano, Bobby Cruz oder Pete Rodriguez – und Stars wie Tito Puente, Celia Cruz und Eddie Palmieri tauchten häufig als Gäste auf Fania-Produktionen auf.
Was fehlte, war ein griffiger Genre-Name. Izzy Sanabria, Herausgeber eines Latin- Fanzines und Promoter bei Fania, hatte die zündende Idee: Als "Salsa" ließ sich prima in einem Rutsch zusammen vermarkten, was sich im richtigen Leben nicht immer freiwillig nebeneinander gesetzt hätte. Der Slogan schlug ein, 1975 organisierte Sanabria die "Latin NY Music Awards", und schon 1976 gab es erstmals eine Art Latin-Grammy. Sanabria hatte eigentlich nur aufgefangen, was ohnehin in der Luft lag.
Seit Anfang der sechziger Jahre gab es immer wieder Songs, die "Salsa" im Titel trugen – allen voran "Salsa y Dulzura" von Ray Barretto, auf dem gleich drei Posaunen den Rhythmus vor sich her trieben. Neben dem klassischen Latin-Instrumentarium (Conga, Bongo, Timbales, viersaitige Gitarre und Trompete) waren es vor allem die Posaunensätze und die mächtig im Frequenzfundament swingenden Kontrabässe, die auch auf Kuba selbst den Salsa zur gleichberechtigten Spielart neben dem Son werden ließen.
Viele Länder Amerikas infizierten sich mit dem Salsa-Virus, was nicht zuletzt an der beckenbetonten Gesamtstimmung und den nicht minder explizit das geschlechtliche Miteinander behandelnden Texten lag. Der Kolumbianer Julio Ernesto Estrada Rincón gründete mit Fruko y sus Tesos die erste Salsa-Band seines Landes, auf Puerto Rico steckte sich der junge Ricky Martin an, aus Venezuela stieg Oscar D’León zum König der Salsa-Löwen auf, Gloria Estefan machte Miami als Exilkubaner- Zentrum bekannt und hübschte den Salsa für die weltweiten Pop-Charts auf.
Auch in Deutschland etablierte sich eine treue Salsa-Fangruppe, erst in den vergangenen Jahren ist es etwas ruhiger geworden um die Sonnenschein-Sauce. Doch kein Zweifel: Es wird wieder plötzlich einen Salsa-Sommerhit geben, bei dem alle mittanzen müssen, die nicht bei drei auf der Kokospalme sind.

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